?Spanien stellt sich mit dieser Haltung selbst an den Pranger.?

17.04.2009 | Uschi Grandel

so kommentiert Martin Scheinin, Berichterstatter der UN-Menschenrechtskommission, die Weigerung der spanischen Regierung, durch Abschaffung der Incommunicado-Haft Folter in Polizeihaft und Polizeiwillk?r zu unterbinden. Incommunicado-Haft nennt man die v?llige Isolation eines Gefangenen direkt nach der Festnahme. Der oder die Gefangene befindet sich bis zu f?nf Tage ohne Kontakt zur Aussenwelt in den H?nden der Polizei. I?igo Albelaiz (auf dem Foto in einer Pressekonferenz mit Familienangeh?rigen weiterer Betroffener zu sehen) hat dies Anfang April 2009 am eigenen Leib erleben m?ssen. F?nf qu?lende Tage lang wurde er geschlagen, bedroht und zur Unterschrift unter ein fabriziertes “Gest?ndnis” gezwungen, dann auf Kaution entlassen. Er hatte den Mut, auf einer Pressekonferenz ?ber diese H?lle zu berichten. Ausz?ge aus seiner Erkl?rung finden sich weiter unten im
Text.

Verhaftungen junger Leute unter nicht n?her konkretisiertem Terrorismusverdacht ist im Baskenland g?ngige Praxis des Sondergerichts Audiencia Nacional in Abstimmung mit der spanischen Regierung. Seitdem vor zwei Jahren die Jugendorganisation Segi, der tausende junge Basken angeh?rten, zur terroristischen Vereinigung erkl?rt wurde, sind junge Leute, die irgendwie zum Umfeld der linken Unabh?ngigkeitsbewegung z?hlen, Freiwild f?r die Terroristenj?ger des Sondergerichts.

Willk?rliche Verhaftungen und Foltervorw?rfe

Am 31. M?rz 2009 wurden wieder einmal in einer Nacht- und Nebelaktion acht Jugendliche aus den baskischen Gemeinden Hernani und Urnieta im Morgengrauen von vermummten Polizisten aus ihren Betten geholt und verhaftet. I?igo Albelaiz war einer von ihnen. Lapidar begr?ndete der spanische Innenminister Rubalcaba die Verhaftungen: “Wir befinden uns im Kampf gegen ETA an allen Fronten und eine der wichtigsten Fronten ist zweifelsohne ihr Nachwuchs.”

Alle acht Jugendlichen waren der Polizei in Incommunicado-Haft f?nf Tage lang ausgeliefert. Auf Solidarit?tskundgebungen in Hernani protestieren tausende gegen die willk?rlichen Verhaftungen und das Incommunicado-Regime.

Eine konkrete Anklage ist bisher nicht bekannt und f?r die umfangreiche Polizeiaktion offensichtlich nicht n?tig. Man habe “Sabotageaktionen verhindern (!) wollen”, erkl?rt Rubalcaba wage. Sieben der Jugendlichen befinden sich seitdem in Haft, nur I?igo Albelaiz wird nach f?nf Tagen Tortur auf Kaution freigelassen.

Auf einer Pressekonferenz am 7.4.2009 beschreibt I?igo Albelaiz die Folter, die er w?hrend der Incommunicado-Haft erdulden musste, und die Fabrikation sogenannter Gest?ndnisse:

“I?igo, wenn Du nicht kooperierst, k?nnen wir auch andere Methoden anwenden. … Ich erhielt Ohrfeigen mit offener Handfl?che, Schl?ge am ganzen K?rper, Drohungen. Sie fragten mich ?ber meine Freunde aus, ?ber andere junge Leute aus Hernani. Ich konnte die Situation nicht ertragen. Furcht, Schmerz, Beklemmung, Angst. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, jedesmal, wenn ich nicht antwortete, schlugen sie mich. Die Schl?ge wurden jedes Mal schlimmer. … Sie sagten mir, wenn ich kooperiere, lassen sie mich in Ruhe. Es waren viele, alle vermummt. Sie zogen mich an den Haaren. … am Schluss liessen sie mich mit zwei Polizisten allein. Diese begannen, meine Erkl?rung zu schreiben. Es war ihre Erkl?rung. Ich habe nichts beigetragen. Sie sagen Dir, dass sei Deine Erkl?rung und dass sie Dich nicht in Ruhe lassen, bis Du diese Erkl?rung unterschrieben hast. In Deiner Verzweiflung weisst Du nicht, was Du machen sollst, es sind f?nf Tage. Du willst nicht noch mehr Schl?ge und am Ende unterschreibst Du. Sie haben mir viel Beruhigungsmittel gegeben, ich war sehr nerv?s und habe mir oft ?berlegt, mich selbst zu verletzen, um ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. Man denkt, dass sie einen ins Gef?ngnis stecken. … Am Schluss liessen sie mich frei. … Die Solidarit?t der Leute in Hernani ist grossartig. … Aber ich denke an die Freunde, die ins Gef?ngnis mussten. …”

s. auch das Interview der baskischen Zeitung BERRIA mit dem UN Berichterstatter Martin Scheinin zu Menschenrechtsverletzungen im Baskenland durch die spanische Regierung