W?hlerinitiative in Spanien vor den Europaparlamentswahlen verboten
Erstmals l?sst die spanische Regierung eine spanische W?hlerliste verbieten, hinter der die baskische Partei Batasuna stecken soll
Es war klar, dass sich die vielen Verbote gegen baskische Parteien, W?hlerlisten und Organisationen auch im gesamten spanischen Staat auswirken w?rden. Die Sonderkammer des Obersten Gerichtshofs war extra im Zuge der ?nderungen des Parteiengesetzes geschaffen worden, die f?r das Verbot der Partei Batasuna (Einheit) ben?tigt wurden. Diese Kammer hat nun auch eine spanische W?hlerinitiative von den Europaparlamentswahlen ausgeschlossen. Es handelt sich um die Iniciativa Internacionalista – La Solidaridad entre los pueblos . Kurios ist erneut die Argumentation, mit der die Regierung den Ausschluss der “Internationalistischen Initiative ? Solidarit?t der V?lker” beantragt hatte. Es g?be “ausreichend Beweise, die belegen, dass diese Kandidatur eine Fortf?hrung des Umfelds von ETA-Batasuna ist”, lautet die immergleiche Begr?ndung, mit der schon Hunderte baskische W?hlerlisten und Parteien daran gehindert wurden, an den Wahlen teilzunehmen.
Es zeichnete sich in den letzten Jahren eine immer ausufernde Anwendung des neuen Parteiengesetzes ab. Dabei muss gesagt werden, dass Batasuna, die Partei, die angeblich im Dienst der Untergrundorganisation ETA stehen soll, in Frankreich legal an den Wahlen teilnimmt. Obwohl die Verbindungen zur ETA nie bewiesen werden konnten, setzte sie Spanien aber auch auf die EU-Liste terroristischer Gruppen. Schon vor vier Jahren ergab sich die absurde Situation, dass die gleiche Liste in Spanien verboten war und in Frankreich zu den EP-Wahlen antrat.
Seit dem Scheitern des letzten Friedensprozesses, den Batasuna in Gang gebracht hatte, wurde die Repression gegen die baskische Linke weiter versch?rft und Terrorismus neu definiert.
Mit dem Verbot dieser W?hlerliste, deren Listenf?hrer der in Madrid geborene und im Baskenland lebende Dramaturg Alfonso Sastre ist, wird aber ein neuer Quantensprung vollzogen. Auf ihr befindet sich keine Person, die schon einmal f?r eine verbotene Partei kandidiert h?tte. Dort befindet sich aber das Ex-Mitglied der spanischen Vereinten Linken (IU), die f?r die Partei im Madrider Parlament sa?, sie aber aus Frust verlie?. Zum Verbot reichte, dass Sastre und Maestro k?rzlich an einer Veranstaltungsreihe mit dem Ex-Batasuna Chef Arnaldo Otegi teilnahmen und es Unterst?tzungsunterschriften aus der patriotischen baskischen Linken f?r diese Liste gab.
Das Vorgehen trifft auf scharfe Kritik. Telepolis liegt ein Schreiben des Friedensnobelpreistr?ger Adolfo P?rez Esquivel vor, der den spanischen Ministerpr?sident Jos? Luis Rodr?guez Zapatero pers?nlich auffordert, “zu intervenieren und das antidemokratische Vorgehen zu verhindern”. Erst k?rzlich hatte der UN Sonderbeauftragte f?r Menschenrechte sich dar?ber “beunruhigt” gezeigt, “welche Vielfalt an Bestimmungen? des Parteigesetzes in Spanien Verbote erm?glichten. “Schwammige Formulierungen”, so Martin Scheinin “k?nnen so interpretiert werden, dass sie auch auf jede politische Partei zutreffen, die mit friedlichen Mitteln ?hnliche politische Ziele verfolgt, wie terroristische Gruppen?. Die Institution, die Spanien auch wegen Folter r?gt, kritisiert, Strafrechtsbestimmungen zu Terrorismus seien zum Teil vage. Dass in K?rze der Europ?ische Gerichtshof f?r Menschrechte in Stra?burg ?ber das Batasuna-Verbot entscheidet, hinderte Madrid nicht daran, die Verbotspolitik auszuweiten.
Maestro hat nun eine Klage vor dem Verfassungsgericht angek?ndigt, das allerdings bisher alle Verbote abgenickt hat. Dann bleibt auch dieser Liste nur noch der Weg nach Stra?burg. Dabei k?nnte helfen, dass sich nun sogar f?nf Richter des Sondergerichts dem Mehrheitsentscheid widersetzten. Angek?ndigt wurden auch Anzeigen gegen Mitglieder der spanischen Regierung, weil es sich “um einen Gewaltakt gegen die Freiheitsrechte” handelt, die “jede Person, die ein minimales demokratisches Grundverst?ndnis hat, ablehnen muss”, sagte Maestro.
Erstver?ffentlichung: Ralf Streck, Heise vom 18.5.2009
Foto: Alfonso Sastre und Arnaldo Otegi als Teilnehmer einer Veranstaltung im November 2008