Baskische Tageszeitung und Radio wurden illegal geschlossen!

28.05.2009 | Ralf Streck (linksunten.indymedia.org)

Der Oberste Gerichtshof in Spanien hebt das Verbot der baskischen Tageszeitung und Radio Egin auf, spricht neun Menschen frei und senkt die Haftstrafen durchweg

Statt die Verbote gegen die baskische Tageszeitung und Radio Egin zu best?tigen, erkl?rte der spanische Oberste Gerichtshof das Vorgehen des Ermittlungsrichters Baltasar Garz?n f?r illegal. Der Ermittlungsrichter, der sich weltweit als Verteidiger demokratischer Rechte auff?hrt, wie auch mit Anklage gegen den chilenischen Diktator Pinochet, lie? gleichzeitig 1998 die baskische Tageszeitung und Radio Egin (Machen) von der Polizei st?rmen und schlie?en. Der Zeitung, dem Radio, dem Verlag, der Druckerei und den vielen Besch?ftigten n?tzt es aber nichts mehr, dass nun der Oberste Gerichtshof in Madrid das Verbot des Nationalen Gerichtshofs kassierte. Das Sondergericht hatte nach Garz?ns These im Dezember 2007 geurteilt, sie st?nden im Dienst der Untergrundorganisation ETA. Der Beweis wurde nicht erbracht, urteilte der Oberste Gerichtshof nun. Hohe Haftstrafen wurden genauso aufgehoben, wie die “Einziehung und Aufl?sung des Verm?gens”, das l?ngst wertlos ist.

Immer wieder wurde auf Telepolis darauf hingewiesen, dass die spanische Justiz keine Beweise f?r die Vorw?rfe vorlegt, dass baskische Kommunikationsmedien im Dienst der ETA stehen. Aufgezeigt wurde auch, dass der schwere Eingriff in die Meinungsfreiheit von vielen Unregelm??igkeiten gespickt sind, die wie im Fall der Egunkaria-Schlie?ung bis hin zur Folter deren Journalisten reicht (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/14/14275/1.html). Statt schnell Beweise vorzulegen, verl?ngerte Garz?n im Fall Egin die “geheimen Ermittlungen” st?ndig. Die antidemokratische Spezialit?t des Antiterrorgesetzes hebelt die Verteidigerrechte genauso aus, wie die Kommunikationssperre nach der Verhaftung, die zudem die Folter erm?glicht. Doch statt schnell zu Gericht zu sitzen, begann der Prozess erst sieben Jahre nach dem “vorl?ufigen Verbot”.

Garz?n hatte den Fall Egin in den Topf eines Massenprozesses mit 56 Angeklagte und etlichen Organisationen geworfen. Er trieb die These der spanischen Regierung voran, alle Organisationen der linken Unabh?ngigkeitsbewegung w?rden von der ETA gef?hrt, die der Nationale Gerichtshof festklopfen wollte. Doch das ist gescheitert. Freigesprochen wurden auch die Mitglieder der Stiftung “Joxemi Zumalabe”, die im Dienst der ETA zum zivilen Ungehorsam angestiftet haben sollen. Zwei Komplexe wurden schon aus der These gebrochen, dass die ETA ?ber die “Koordination f?r eine Sozialistische Alternative” (KAS) die baskische Linke steuere, womit unz?hlige Verbote gerechtfertigt werden. Wie schwer sich Spanien damit tut, zeigt der Bericht auf der Titelseite von El Pa?s. Statt zu beklagen, dass Kommunikationsmedien mit fragw?rdigen Argumenten in Spanien geschlossen werden, diffamierte gestern die gr??te Tageszeitung Egin auf der Titelseite als “Pro-ETA”.

Von den 56 Angeklagten haben nun noch 37 Haftstrafen erhalten. Einige Gefangene kommen sofort frei, weil die reduzierten Strafen schon abgesessen sind. Drastisch fiel der Fall des Ex-B?rgermeisters von Bergara aus, denn Jos? Luis Elkoro war zu 24 Jahren Haft verurteilt worden. Vom angeblichen ETA-F?hrer wurde er nun zum “Unterst?tzer” herabgestuft und erhielt acht Jahre Haft.

Der Oberste Gerichtshof hat aber die absurde These von Garz?n noch nicht v?llig zerschlagen. Weil KAS 1998 l?ngst aufgel?st war, musste Garz?n die Organisation EKIN (Aktion) zu deren Nachfolger stilisieren. Im fast 1100 Seiten umfassenden neuen Urteil hei?t es weiterhin, “KAS und EKIN erg?nzten die bewaffneten Aktivit?ten” der ETA. Zwar wurde auch die Strafe von EKIN-F?hrungspersonen gesenkt, wie im Fall von Xabier Alegr?a aber von 18 nur auf fast 13 Jahre, womit er nun statt Elkoro die H?chststrafe erhielt.

Nun darf abgewartet werden, was das spanische Verfassungsgericht mit diesem Urteil macht und ob dort die angebliche Unterst?tzung der ETA von den Verurteilten ebenfalls gekippt wird. Das wird in Spanien sehr schwammig und breit angelegt. Letzte Woche ?berraschte das h?chste Gericht und hob erstmals ein Verbot einer W?hlerliste wieder auf. Die Regierung behauptete und bekam das von einem Sondergericht best?tigt, auch die spanische “Internationalistische Initiative – Solidarit?t der V?lker” stehe im Dienst der ETA. Sie kann nun zu den Europaparlamentwahlen antreten. W?rde das Verfassungsgericht diese Urteile des Obersten Gerichtshof aber best?tigen, bleibt noch der Gang zum Stra?burger Menschenrechtsgerichtshof, der schon ?ber Verbote im Baskenland verhandelt. Das Urteil gegen die Partei Batasuna (Einheit) steht unmittelbar bevor. Folgte der Gerichtshof den Urteilen gegen die T?rkei, m?sste das Verbot fallen. Die T?rkei musste stets beweisen, dass die Partei Teil einer bewaffneten Organisation ist. Batasuna wurde aber nur verboten, weil sie die Anschl?ge der ETA nicht so verurteilt, wie es das neue Gesetz fordert. Dass dieser Beweis auch in dem Verfahren 18/98 nicht gelungen ist, da einzelne noch wegen Unterst?tzung verurteilt wurden, wird das auch bei Batasuna kaum gelingen.

? Ralf Streck, den 27.05.2009