Linksparteien verboten

03.07.2009 | Ingo Niebel (Junge Welt vom 2.7.2009)

Strasbourg beschneidet politische Freiheiten im Baskenland


In einem ?berraschenden Urteil hat der Europ?ische Gerichtshof f?r Menschenrechte (EGMR) am Dienstag in Strasbourg das Verbot von drei baskischen Linksparteien durch die spanische Justiz best?tigt. Die Urteilsverk?ndung erfolgte unerwartet und war in den Sitzungskalendern nicht angek?ndigt. Die sozialdemokratische Regierung von Premier Jos? Luis Rodr?guez Zapatero (PSOE) nahm die Entscheidung mit Genugtuung auf. Im Baskenland reagierte man mit Best?rzung und Ablehnung.

Auf einer Pressekonferenz in der baskischen K?stenstadt Donostia (San Sebasti?n) nannte der Sprecher der verbotenen baskischen Linkspartei Batasuna (Einheit), Arnaldo Otegi, am Mittwoch das Verdikt des EGMR eine ?schlechte Nachricht?. Seiner Meinung nach gibt das Gericht ?der Beschneidung der Freiheiten in Europa rechtlichen Schutz? und best?tige die ?politische Apartheid? im Baskenland. Diese erm?gliche mittels des spanischen Parteiengesetzes, politische Formationen der linken Unabh?ngigkeitsbewegung zu verbieten, ihre Fraktionen aufzul?sen und 180000 W?hler daran zu hindern, ?ber Abstimmungen am politischen Meinungsbildungsproze? teilzunehmen. Otegi f?hrte weiter aus, da? die h?chstrichterliche Entscheidung ?zu keiner strukturellen Ver?nderung der politischen Situation? f?hren werde. Die baskische Linke werde weiterhin bei ihren Positionen bleiben, erkl?rte der Batasuna-Sprecher. Zapatero behauptete hingegen, das Urteil zeige, da? in Spanien die Rechte respektiert w?rden.

In seinem Urteil best?tigte der EGMR alle bis 2004 ergangenen Parteiverbote. 2003 wurde Batasuna illegalisiert und r?ckwirkend ihre bereits aufgel?sten Vorg?ngerparteien Herri Batasuna (HB, Volkseinheit) und Euskal Herritarrok (Wir, die baskischen B?rger). Ebenso best?tigte es die Illegalisierung von linken Vereinigungen, die 2003 bei Kommunal- und Regionalwahlen sowie 2004 zur EU-Wahl angetreten waren. Auf die umstrittene Beweisf?hrung gingen die EU-Richter nicht ein, sondern sahen das Verbot in Anbetracht der ?terroristischen Bedrohung? f?r Spaniens verfassungsgem??e Ordnung als gerechtfertigt an.

Der Verteidiger von Batasuna vor dem EGMR, Didier Rouget, zeigte sich im Gespr?ch mit der linken baskischen Tageszeitung Gara ?berrascht ?ber die Haltung der Richter. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis w?ren die Robentr?ger diesmal von ?einer extrem weiten Auslegung des Terrorismus ausgegangen, um sich f?r eine offensichtliche Beschneidung der individuellen und kollektiven Freiheiten auszusprechen?. Das sei bislang, selbst bei Anschl?gen auf ?die nationale Sicherheit?, anders gewesen, unterstrich Rouget und verweist auf Urteile zu Kurdistan und der T?rkei. ?Der Gerichtshof hat eindeutig der Verteidigung der Interessen der Staaten eine Priorit?t einger?umt?, fa?t der Anwalt zusammen. Der Verteidigung bleiben jetzt drei Monate, um gegen das Urteil Berufung bei der Gro?en Kammer des Europ?ischen Gerichtshofes einzulegen.

Seit September 2008 sind alle Parteien, die f?r ein sozialistisches und unabh?ngiges Baskenland eintreten, verboten. Ihre Fraktionen sind aufgel?st. In knapp 50 St?dten regieren trotzdem noch linke B?rgermeister und machen auch ohne die logistischen sowie finanziellen Fraktionshilfen weiterhin Politik. Diese absurde Lage wird wahrscheinlich nach der Sommerpause beendet. Dann m?chte die Regierung Zapatero per Gesetz den demokratisch gew?hlten Stadtoberen der linken Unabh?ngigkeitsbewegung ihre offiziellen ?mter nehmen.