Seit 29 Jahren hinter Gittern
Der inzwischen 51-j?hrige baskische politische Gefangene Jose Mari Sagardui, genannt Gatza, hat mehr Zeit seines Lebens im Gef?ngnis verbracht als in Freiheit. Heute sind es 29 Jahre. Er ist damit der am l?ngsten inhaftierte politische Gefangene Europas. Seit 29 Jahren fordern die B?rgerinnen und B?rger in Zornotza, seinem baskischen Heimatort und an anderen Orten des Baskenlands in Kundgebungen, Aktionen und Resolutionen seine Freilassung.
Nach fast drei?ig Jahren Haft hat Gatza alle repressiven Ma?nahmen der spanischen Regierung gegen politische Gefangene am eigenen Leib versp?rt, von der Zerstreuung, d.h. dem h?ufigen Wechsel der Gef?ngnisse, die dazu noch m?glichst weit vom Baskenland entfernt liegen, bis hin zur nachtr?glichen Strafverl?ngerung, die als Parrot-Doktrin bekannt wurde, und 40 Jahre Haft erm?glicht.
Ginge es nach normalem, spanischem Recht, m?sste Gatza sp?testens seit 2005 wieder in Freiheit in seinem Heimatort Zornotza in der baskischen Provinz Bizkaia leben k?nnen.
Die spanische Polizei verhaftete ihn 1980, kurz nach der so genannten Transici?n, dem viel gelobten ?bergang der Franco-Diktatur in eine Demokratie, in der jedoch Polizei und Gerichte und vieles mehr beim alten blieb. Foltervorw?rfe, die er gegen die Polizei erhob, wurden ignoriert, er wurde verurteilt und seither insgesamt 34 Mal von einem Gef?ngnis ins n?chste verlegt. In den fast drei?ig Jahren war er nur zweimal kurzzeitig in der N?he zum Baskenland inhaftiert, die anderen Gef?ngnisse lagen hunderte Kilometer weit von daheim entfernt. De facto eine Sippenhaft f?r Freunde und Familie, die Woche um Woche Stunden auf Reisen verbringen, um den Sohn oder Freund kurz zu besuchen. Derzeit befindet er sich im Gef?ngnis von Ja?n, 730 Kilometer von Zornotza entfernt. In 13 spanischen Gef?ngnissen war er bereits inhaftiert: Soria, Carabanchel, Puerto I, Herrera de la Mancha, Basauri, Alcal? Meco, Sevilla II, Palma de Mallorca, Granada, Puerto II, Langraiz und Ja?n.
Carabanchel und Herrera de la Mancha sind daf?r bekannt, Gefangene zu brechen, in Ja?n wird die extreme Isolation praktiziert. Gatza ist als Gefangener ?ersten Grades? besonders harten Bedingungen der Isolation ausgesetzt, die mindestens 20 Stunden am Tag andauert.
Die baskischen politischen Gefangenen sind in Spanien und Frankreich nicht als politische Gefangene anerkannt, aber jede der vielen Sonderma?nahmen gegen die baskischen Gefangenen hat einen politischen Hintergrund. Sie missbraucht die Gefangenen dazu, politischen Druck auf die baskische Unabh?ngigkeitsbewegung auszu?ben. Die normale Strafgesetzgebung erlaubt das nur bedingt, f?r politische Gefangene gelten daher spezielle Sondergesetze. Selbst unter strengster Auslegung ?normaler? Gesetzgebung h?tte Gatza im Jahr 2005, also vor vier Jahren, entlassen werden m?ssen.
Die Solidarit?t mit Jose Mari Sagardui im Baskenland geht weit ?ber das Umfeld der linken Unabh?ngigkeitsbewegung hinaus. Das alte Parlament von Gasteiz, der Regionalregierung der zur Comunidad Aut?noma Vasca (CAV) zusammengefassten drei baskischen Provinzen, die Stadtverwaltung von Zornotza und 41 soziale und kulturelle Einrichtungen der Stadt fordern seine Freilassung.
Am Samstag, den 11. Juli, werden sich in Zornotza Sternm?rsche aus 29 unterschiedlichen Richtungen zum Ort der zentralen Kundgebung aufmachen.
Und w?hrend die neue PSE-Regierung der CAV meint, die Solidarit?t f?r Gefangene dadurch eind?mmen zu k?nnen, dass sie ihre Polizei in Dorfkneipen und Stadtvierteln auf Jagd nach den Bildern von Gefangenen schickt, merkt sie nicht einmal, wie sehr sie mit ihrer zynischen, unmenschlichen Politik die Solidarit?t mit den Gefangenen zur Sache jedes anst?ndigen Menschen macht.
(Foto: das Foto von Gatza neben dem Logo des Gefangenenkollektivs EPPK, darunter ein Poster mit den Bildern aller 730 Gefangenen)
S. auch:
Ingo Niebel, 7.7.2009: “Polizisten als Bilderst?rmer”
Uschi Grandel, 17.5.2009: “Jedes Foto reflektiert den Konflikt”