Batasuna: Stellungnahme zum Urteil des Europ?ischen Gerichtshofs in Strasbourg

14.07.2009 | Dokumentation

Batasuna hatte Klage gegen ihre Illegalisierung durch den spanischen Staat gemeinsam mit Listen f?r Kommunal- und Europawahlen, die ebenfalls verboten worden waren, eingereicht. Das Urteil, das der kleine Saal des Europ?ischen Gerichtshofs f?r Menschenrechte in Strasbourg nun verk?ndet hat, ist ein Urteil, dessen Inhalt wir ablehnen. Aus politischer Sicht tr?gt es nichts zu einer L?sung des baskischen Konflikts bei. Stattdessen bewirkt es das Gegenteil. Auch im europ?ischen Rahmen halten wir dieses Urteil f?r einen klaren R?ckschritt in Bezug auf Freiheiten und fundamentale Rechte, die in der Zukunft auch andere progressive Organisationen betreffen k?nnen, die den rechtlichen Rahmen des Staates, in dem sie agieren, in Frage stellen.

Leider hat der Gerichtshof die Begr?ndungen und Argumente akzeptiert, mit der die damalige Regierung der Partido Popular (PP) des Herrn Aznar mit Einverst?ndnis der PSOE einen Konfliktl?sungsprozess verhindert und ein Szenario der permanenten Konfrontation errichtet hatte.

Wir rufen in Erinnerung, dass das “Ley de Partidos pol?ticos (das spanische Parteiengesetz)” ad hoc ge?ndert wurde, um Batasuna (und sp?ter andere politische Organisationen der linken baskischen Unabh?ngigkeitsbewegung und ihres Umfeldes) zu verbieten. Entstanden ist dieses Gesetz unter dem Deckmantel des Kampfes gegen den Terrorismus, den die Regierung Bush erkl?rt hatte, und noch konkreter, unter einer Regierung der PP, die auch den Kampf gegen den Irak rechtfertigte und ihn gemeinsam mit den Vereinigten Staaten und Gro?britannien f?hrte. Die Konsequenzen dieses Krieges sind heute allen bekannt. Ein totaler Krieg gegen den Terrorismus, der unter klarer Verletzung fundamentaler Rechte und inakzeptabler Einschr?nkung von Rechten gef?hrt wurde.

Nach unserem Verst?ndnis verletzt das Urteil des Gerichtshofs in Strasbourg die grundlegenden Rechte auf Freiheit der Teilnahme am politischen Leben und der politischen Repr?sentation.

?berraschend ist, dass diejenigen, die bis heute noch nicht die Diktatur Francos verurteilt haben, und diejenigen, die neben ihren politischen Aktivit?ten zeitweise Staatsterrorismus einsetzten (die PSOE und die paramilit?rischen Gruppen der GAL), diejenigen sind, die sich heute ?ber das Urteil freuen k?nnen. Ein Urteil, das nach unserem Verst?ndnis NICHTS BEITR?GT zur L?sung des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Problems: der Fortdauer eines politischen Konflikts zwischen Euskal Herria (dem Baskenland) und dem spanischen Staat. Paradoxerweise versch?rft dieses Urteil, das Verbindungen zwischen der Organisation ETA und der politischen Partei Batasuna behauptet, einen schweren Konflikt im Zentrum der Europ?ischen Union noch weiter. Denn mit derselben Logik muss man feststellen, dass es in einem Land mit drei Millionen Einwohnern im Herzen Europas etwa 150.000 – 200.000 Menschen gibt, die eine Organisation, die als terroristisch eingestuft wird, unterst?tzen und Beziehungen zu ihr unterhalten.

Einmal mehr muss die linke Unabh?ngigkeitsbewegung eine juristische Entscheidung politisch mit Blick auf die Zukunft analysieren, eine Entscheidung, die wir durch den langen Schatten des spanischen Staates beeinflusst sehen.

Die linke baskische Unabh?ngigkeitsbewegung hat sich klar und deutlich f?r ein Szenario des Friedens und der Demokratie ausgesprochen und wird dies auch weiterhin tun, f?r ein gewaltfreies Szenario mit demokratischen Rechten f?r eines der ?ltesten V?lker Europas. Diese Position haben wir trotz aller tragischen Ereignisse unterschiedlichster Art immer vertreten und werden sie auch weiter vertreten.

Deswegen teilen wir viele der Mutma?ungen und Verweise des Urteils nicht. Wir sind im Gegenteil der Meinung, dass es die Handlungen eines Staates rechtfertigt, der nicht z?gert und nie gez?gert hat, elementare Rechte durch Sondergesetze zu verletzen (wie durch das Anti-Terrorismus-Gesetz, die Aufhebung eines festen Endes einer Strafe wie in der Parot-Doktrin festgelegt, das Parteiengesetz, ?).

Aus unserer Sicht ist das Urteil der Kammer ein R?ckschritt. Es erm?glicht weitere Verletzungen der Grundrechte der Bev?lkerung in Euskal Herria (im Baskenland) und stellt mit seinen Begr?ndungen einen R?ckschritt f?r alle B?rger Europas dar. Es ist ein Urteil, das Sicherheitsfragen Vorrang vor Rechten und Freiheiten gibt. Beispielsweise bekr?ftigt das Urteil die Beschl?sse des EU-Ministerrats zur Auflistung terroristischer Organisationen, die bereits vor der Parlamentarischen Versammlung des Europaparats durch einen Bericht des Referenten Dick Marty kritisiert wurden.

Unsere Anw?lte analysieren derzeit das Urteil und werden h?chstwahrscheinlich Revision bei der gro?en Kammer des Europ?ischen Gerichtshofs f?r Menschenrechte einlegen, da die Kammer bei der Urteilsverk?ndung der Meinung war, dass die Themen auf Grund ihrer Bedeutung durch die Gro?e Kammer behandelt werden sollten. Mit dieser Haltung steht sie im Widerspruch zur spanischen Regierung.

Wir wenden uns mit einer Botschaft der Zuversicht an die baskische Gesellschaft, an den politischen, sozialen und gewerkschaftlichen Sektor, der in der linken Unabh?ngigkeitsbewegung den Garanten f?r die Er?ffnung eines neuen politischen Dialoges sieht, der es erlaubt, ein wirklich demokratisches Szenario zu erreichen.

Batasuna wird sich trotz allem weiterhin f?r den politischen und sozialen Wandel in Euskal Herria (dem Baskenland) einsetzen, f?r eine Demokratie in Grossbuchstaben, f?r einen Prozess des Dialogs und der Verhandlung, der ein neues Szenario des Friedens f?r alle in diesem Land er?ffnet.

Die bessere Antwort, ?ber die juristische hinaus, ist die Arbeit daran, der sozialen Mehrheit, die einen politischen und sozialen Wechsel in Euskal Herria w?nscht, einen politischen Weg zu ?ffnen.

Wir bekr?ftigen vor der Europ?ischen Gemeinschaft unsere ?berzeugung, dass der baskische Konflikt keine andere L?sungsm?glichkeit hat als den inklusiven Dialog und die politische Verhandlung. Ein Szenario ohne Gewalt und ohne Spannung ist n?tig, in dem alle Seiten ?bereinstimmen, dass die B?rgerinnen und B?rger des Baskenlandes das demokratische Recht besitzen, ?ber ihre Zukunft zu entscheiden, so und wie derzeit auch die europ?ischen B?rgerinnen und B?rger aus Irland, Schottland, den F?r?er Inseln, Gr?nland, Flandern und andere.

Die Beschr?nkung unserer Rechte kann niemals ein Weg sein, der uns den Frieden bringt. Aber trotz aller Schwierigkeiten, die man uns auferlegt, bekr?ftigen wir unseren Willen, einen dauerhaften und gerechten Frieden in diesem letzten europ?ischen Konflikt zu erreichen. Dieses Ziel werden wir verfolgen.

Abteilung f?r Internationale Beziehungen
03-07-09

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Zur Haltung der UN siehe:
>>>> Interview mit Vertreter der UN Menschenrechtskomission (M?rz 2009): “In Spanien gibt es Institutionen, die keinen Platz in einer Demokratie haben”